Frage:
Bei Boilernachrang und einer Außentemperatur unter -10°C kein Warmwasser mehr?

Antwort:
Zu diesem Störfall kann es nur durch falsches Bedienen kommen. Eine unausrottbare Gewohnheit unter Brennermonteuren führt immer wieder zu einer Falschinformation neuer und alter Kunden: Den Kesselthermostaten auf 70°C einstellen, anstatt auf Anschlag bei 90°C! Dieser Rat wird mit Ersparnis begründet, geringerem Verschleiß und anderen, buchstäblich aus der Luft gegriffenen Vorteilen. Tatsächlich blockiert aber der Kesselthermostat bei der eingestellten Temperatur und taktet danach mit der Schaltdifferenz; das heißt, der Kesselthermostat schaltet bei der eingestellten Temperatur ab, und 6 Grad tiefer, nach Abfall der Temperatur um die Schaltdifferenz, erst wieder ein. Sinkt nun die Außentemperatur während einer kalten Nacht von 0°C auf unter -10°C, so kann der Regler am Morgen beim automatischen Umschalten von Nacht- auf Tagbetrieb durchaus eine Rücklauf-Temperatur von rund 80°C anfordern. Der zurückgedrehte Kesselthermostat blockiert aber die Vorlauftemperatur. Die Rücklauftemperatur liegt dann auch noch um die Schaltdifferenz tiefer, sodass der Rücklauffühler des Reglers den Sollwert nicht bestätigen kann. Er fordert beständig Wärme an und der Boiler kann nicht mehr geladen werden.

Einfache Abhilfe: Kesselthermostat hochdrehen und zum schnellen Laden des Boilers für die Dauer der Ladezeit, das sind etwa 20 Minuten, den Tagknopf der Heizung zurückdrehen.

Während lang anhaltender Frostperioden sollte außerdem auf die sogenannte Nachtabsenkung verzichtet werden. Mit reduzierter Betriebstemperatur kühlt gerade während der Frostnächte die Bausubstanz aus. Je nach Bauart macht sich dieses Auskühlen der Mauern erst in der Zeit von morgens bis mittags im Haus bemerkbar. Der damit verbundene Temperaturabfall in den Räumen führt zu erhöhter Wärmeabgabe der Heizleisten und folglich auch zu niedriger Rücklauftemperatur. Entsprechend wird über den Regler mehr Leistung angefordert. Dies kann ebenfalls den Boilernachrang blockieren. Ohne das nächtliche Entladen der Speicherwärme des Bauwerks, also mit durchlaufendem Heizbetrieb, kann die Betriebstemperatur am Regler bis zu 10°C zurückgedreht werden. Das heißt, die nächtliche Blockade wird in Tagreserve umgewandelt.

Der Heizbetrieb gibt Zeit für das Nachladen des Boilers frei. Noch einfacher lässt sich der Konflikt zwischen Heizen und Laden durch zeitliches Begrenzen des Ladevorganges vermeiden. Früher musste man dazu eine zweite Schaltuhr in den Stromkreis des Boilerthermostaten einschalten. Inzwischen enthält mein aktueller Regler diese Schaltmöglichkeit serienmäßig.

Hintergründliches:
Für das falsche Zurückdrehen des Kesselthermostaten gibt es geradezu historische Gründe. Im Anfang aller Heizungsregelei war der Raumthermostat im Wohnzimmer. Er schaltete den Öl- oder Gasbrenner ein, wenn die Zimmertemperatur unter den Sollwert sank, und wieder aus, wenn er erreicht war. Nun konnte es aber geschehen, dass Wohnzimmerfenster zum Lüften geöffnet und vergessen wurden. Dann schnurrte der Brenner unentwegt, und alle übrigen Räume, bis auf das Wohnzimmer, wurden überheizt.

Diesen Fehler konnte man mit dem zurückgedrehten Kesselthermostaten vermeiden. Aber nur durch umsichtiges Nachführen während der ganzen Heizperiode. Andernfalls konnte bei Temperaturstürzen Über- oder Untertemperatur im Haus eintreten. Der zweite heiztechnikgeschichtliche Grund für heruntergedrehte Kesselthermostaten lag an hoffnungslos überdimensionierten Anlagen bis Anfang der siebziger Jahre. Die Heizkörper waren so groß ausgelegt, dass vielfach auch bei tiefsten Außentemperaturen am Vorlauf 40 bis 50°C für die gewünschte Raumtemperatur ausreichten.Als schließlich der „Boiler im Vorrang“ aufkam, gab es den dritten Grund: Damit die Ladetemperatur der damals kleinen, in die Heizkessel eingehängten Boiler die notwendigen 75°C erreichen konnten, wurde die Heizwassertemperatur vom Regler freigegeben. Daraufhin fuhren die Heizkessel auf maximale Vorlauftemperatur hoch. Aber nach Abschluss des Ladevorganges, wenn die Heizpumpe wieder startete,
trieb sie dieses zu heiße Wasser in den Heizkreislauf. Der Temperatursprung führte an immer gleichen Stellen der Anlagen zu Dehnungsgeräuschen. Das konnte durch am Kesselthermostat begrenzte Vorlauftemperaturen gemildert werden.

Diese längst überholten Zusammenhänge sind vergessen, aber Brennermonteure raten immer noch zu gebremstem Heizungsbetrieb, und denken sich auch noch neue Begründungen für den Unsinn aus.

All dies trifft auf alte, nich modulierende, Kessel zu.

Moderne Brennwertthermen passen die Betriebstemperatur modulierend dem Bedarf bzw der Außentemperatur an!