Antwort: Keinesfalls!

Strahlungsklima ist gegeben, wenn die Strahlungstemperatur über der
Lufttemperatur liegt. Strahlungstemperatur in beheizten Räumen ist gleichzusetzen mit der
Oberflächentemperatur der Wände und Möbel. Die Differenz zwischen der Strahlungstemperatur
und der Hauttemperatur des Menschen bestimmt die Wärmestromdichte in der Haut.
Von ihrer Größenordnung wird das Behaglichkeitsgefühl bestimmt und die körpereigene
Thermoregulation beeinflusst. Dabei kommt es nur auf die Temperatur der Oberflächen der
Wände an, nicht auf die von darunterliegenden Schichten.
Aus diesem Grund spielt auch die Beschaffenheit der Wandoberflächen, deren Material, Glätte
oder Rauhigkeit keine besondere Rolle. Strahlungsklima kann nach physikalischer Definition
in einem Betonbunker ebenso realisiert werden, wie in einem Holzblockhaus, mag der
wohnpsychologische Unterschied noch so groß sein.
Insoweit macht es auch keinen Unterschied, ob eine Wand direkt, also von innen her, oder indirekt,
von der Oberfläche aus erwärmt wird.
Umso mehr unterscheiden sich beide Verfahren in der bautechnischen Praxis. Die Heizleiste
wird auf der Wand montiert. Alle wasserführenden Teile bleiben sichtbar und zugänglich. Das
Kernrohr und alle verbindenden Rohrabschnitte haben den gleichen vernünftig großen Querschnitt.
Der Materialbedarf dafür liegt unter dem aller vergleichbarer heiztechnischer Verfahren.
Die geringe installierte Masse bringt zusammen mit dem geringen Wasserinhalt eine minimale
thermische Trägheit oder, anders formuliert, eine nahezu verzögerungsfreie Regelbarkeit.
Keines der bekannten Wandheizsysteme kann auch nur einen dieser Vorzüge bieten. Da werden
Rohrschlangen aus Metall oder flächiges Rohr aus Kunststoff auf rohes Mauerwerk genagelt
und eingeputzt. Rohrabschnitte werden unterschiedlich lang verlegt und unterschiedlich
dimensioniert, ohne Rücksicht auf daraus resultierende unterschiedliche Durchflussmengen.
Die Kunststoffrohre haben bei einem der Systeme Strömungsquerschnitte von weniger als 2
mm. Praktiker wissen, wie schnell sich solche Kanülen durch sedimentierendes Heizwasser
verlegen. Das Einputzen macht die fragwürdigen Konstruktionen unauffindbar. Weder Nägel
noch Dübel dürfen jemals in die Wände geschlagen oder gebohrt werden.
Und nicht zuletzt: Diesen Heizsystemen wird die thermische Trägheit der umgebenden Bausubstanz
auferlegt, ähnlich wie den frühen, in Beton gegossenen Fußboden- und Deckenheizungen,
die gerade deswegen alsbald für untauglich erklärt wurden.
Hintergründliches: Die direkten Wandheizungen werden von Baubiologen protegiert. Wie
vieles Baubiologische wurden die Heiz-Methoden autodidaktisch entwickelt. Kein Wunder,
dass dabei weder Hintergrundwissen, noch bautechnische Erfahrungen einfließen konnten. Es
ging auch von Anfang an nur um eine Alternative zur Heizleiste, deren Einfachheit und Effektivität.
Übrigens hat es zu keiner Zeit an Versuchen gefehlt, Strahlungsklima zwar mit Zentral-Heizsystemen,
aber ohne Heizleisten zu gestalten. Für Stahlbeton-Skelettbauten entwickelte Gartner
& Co in Gundelfingen die sogenannten Integrierten Fassaden, ein System heizwasserdurchströmter
Fensterrahmen. Auch tragende Säulen aus Metall wurden beheizt und dadurch
zu Strahlungsquellen gemacht, wie zum Beispiel äußerst erfolgreich im Flughafen München II
(Franz-Josef-Strauß-Flughafen).
Ob die Heizleiste eines Tages durch eine andere Heiztechnik übertroffen werden kann, bleibt
offen. Alternativen als Selbstzweck kann im Hinblick auf die knappen Ressourcen heute niemand
mehr verantworten.